"Zur Komplexität von Machtbeziehungen in feministischen Forschungsprojekten"

PD Dr. Sabine Grenz (Göttingen / Münster)


Abstract

Ausgehend von epistemologischen und methodologischen Theorien und Ansätzen, wie etwa Sandra Hardings standpoint theory oder Maria Mies‘ methodischen Postulaten, die den politischen Charakter von Forschung betonen, soll es in diesem Vortrag darum gehen, daran anknüpfende Auseinandersetzungen zu beleuchten. Wesentliche Aspekte waren beispielsweise Perspektivübernahme und/oder Parteilichkeit, Selbstreflexivität und der Wunsch nach gesellschaftlicher Veränderung durch akademische Forschung. Zudem stand die Reflexion der sozialen Positionierung und damit auch der (Macht-)Beziehung zwischen eine_r Forscher_in und ihren Teilnehmer_innen im Vordergrund der methodischen Überlegungen. Was ist aus diesen methodischen Zielen und Ansätzen geworden? Wie sind (pro-)feministische Forscher_innen damit umgegangen? Wie wird das Machtverhältnis in der zeitgenössischen Forschung betrachtet?

Grob skizziert kann Folgendes gesagt werden: Die diesbezüglich vorliegenden methodischen Diskussionen aus den Forschungsbereichen zu Geschlecht, Sexualität, Rassismus und sozialer Schicht beziehen sich nach wie vor auf die genannten methodischen und epistemologischen Ansätze. Doch gehen ihre Überlegungen auch über die Beschäftigung mit sozial marginalisierten Gruppen und ihren Implikationen hinaus. So beinhalten sie beispielsweise Reflexionen über den Umgang mit Teilnehmenden aus privilegierteren sozialen Schichten oder gehen der Frage nach, welche Vor- und Nachteile daraus entstehen, derselben Subkultur anzugehören, welche Implikationen (Ver-)Schweigen haben kann und welche Verantwortlichkeiten das Veröffentlichen der Ergebnisse mit sich bringt. Dabei zeigt sich, dass keineswegs davon gesprochen werden kann, dass sich die Wissenschaftler_innen gegenüber ihren Teilnehmenden in einer einseitigen Machtposition befinden. Im Gegenteil wird ein nuanciertes Bild sich überlagernder und auch fluider Machtbeziehungen in der Forschungssituation sichtbar. Dieses soll im Vortrag nachgezeichnet werden.


Kurzbiografie von PD Dr. Sabine Grenz

PD Dr. phil., seit 2013 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Göttingen (Studienfach Geschlechterforschung), seit 2012 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Comenius-Institut Münster (50%), zahlreiche Veröffentlichungen und Vorträge zu Prostitution und den Wechselverhältnissen von Geschlecht, Geld und Sexualität sowie zur Interviewmethodik. Vorstandsmitglied des Göttinger Centrums für Geschlechterforschung (GCG), Vorstandsmitglied der Fachgesellschaft Geschlechterstudien, assoziiertes Mitglied des ZtG der Humboldt-Universität zu Berlin. Forschungsschwerpunkte: Geschichte der Sexualität(en), Prostitution, NS-Geschlechterforschung, Epistemologie und Methodologie der Gender Studies, Biographieforschung, Tagebuchforschung. Publikationen (Auswahl): (Un)heimliche Lust. Über den Konsum sexueller Dienstleistungen (2005/2007). Mit Martin Lücke (Hrsg.): Verhandlungen im Zwielicht. Momente der Prostitution in Geschichte und Gegenwart (2006). Mit Andrea Löther, Beate Kortendiek und Marianne Kriszio (Hrsg.): Gender Equality Programmes in Higher Education. International Perspectives. Im Erscheinen: "Power in feminist research processes", in Plomien, Ania/Hemmings, Clare/Henry, Marsha/Evans, Mary/Wearing, Sadie/Madhok, Sumi (Hrsg.), Handbook of Feminist Theory (2014).

Kontakt: sabine.grenz[at]zentr.uni-goettingen.de