"Methodologische Überlegungen zur Analyse von Konzeptionen von Männlichkeit und Weiblichkeit in der Jazzhistoriographie"
Stefan Körner (Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover)
Abstract
Wirft man auch nur einen kursorischen Blick in die unterschiedlichsten Jazzhistoriographien der vergangenen Jahrzehnte, wird es sofort augenfällig, dass deren Autoren einen mit überwiegend 'männlichen' Protagonisten ausgestatteten Kanon konstituieren. Der Vortrag widmet sich aus einer dezidiert kulturwissenschaftlich orientierten musikwissenschaftlichen Perspektive den Ursachen für das Werden einer derartig verfassten Geschichtsschreibung. Dabei werden unterschiedliche theoretische Konzepte auf ihr Potential hin befragt, inwieweit diese bei der Annäherung an diesen Sachverhalt behilflich sein können. Jazzgeschichtsschreibung wird hierbei als Ausdruck eines historischen Systems (Hayden White) begriffen, das sich in seiner kontingenten Form an eine Musik anlagert, die unter dem Oberbegriff Jazz von eben jenen Autoren gefasst wird, jedoch in seinen Stilistiken als ausgesprochen divers bezeichnet werden muss.
Als Hintergrund für die im Vortrag entwickelten Überlegungen soll das von Gilles Deleuze und Félix Guattari 1980 eingebrachte Konzept des Rhizoms bzw. des Rhizomorphen dienen. Vor dieser Folie sollen mögliche Segmentierungslinien entworfen werden, anhand derer sich die hier unternommenen methodologischen Überlegungen zu Konstruktionen von Männlichkeit und Weiblichkeit entfalten lassen. Dabei sollen im Besonderen Aspekte aus der Erinnerungsforschung aufgegriffen werden, durch die einerseits die Jazzhistoriographie als Erinnerungsmedium und andererseits die Medialität von Jazz selbst berücksichtigt werden können. Ferner soll die narratologische Ebene einbezogen werden, da sich an dieser Stelle die Konstruktionsleistung der Autoren von Jazzgeschichte sowie die Beschaffenheit einer 'männlich' dominierten Jazzhistoriographie – auf den ersten Blick – am offensichtlichsten nachvollziehen lässt.