Insa Trenn im Gespräch mit Dr. phil. Beate Friedrich, der Forschungskoordinatorin des Verbundprojektes der LAGEN

Porträt Beate Friedrich / © Brinkhoff-Mögenburg/Leuphana

IT: Können Sie Ihre aktuelle (wissenschaftliche) Tätigkeit in zwei bis drei Sätzen skizzieren?

BF: Seit Anfang Oktober 2015 arbeite ich als LAGEN-Forschungskoordinatorin. Ziel meiner Arbeit ist die Förderung von Forschungsverbünden. Zudem soll es eine internationale Tagung im Bereich der Gender-Studies geben, an deren Organisation ich beteiligt sein werde.

IT: Sie sitzen mit Nachbarn am Küchentisch und das Thema Gender wird angesprochen. Wie erklären Sie Ihren Bezug zum Thema und was er mit Ihrem Beruf zu tun hat?

BF: Bei meiner Arbeit für die LAGEN ist das Thema Gender Hauptinhalt: Sowohl die Forschungsverbünde als auch die Tagung bewegen sich ja in diesem Themenbereich. Bei meiner Forschung als Umweltwissenschaftlerin zu Konflikten um Gentechnik in der Landwirtschaft hat mir die Genderforschung analytische Zugänge ermöglicht, nämlich z.B. nach Dichotomien und Trennungsstrukturen zu fragen. So konnte ich beispielsweise eine Verschärfung globaler Arbeitsteilungen als eine Folge der Regelung der Konflikte um Gentechnik beobachten und gleichzeitig feststellen, dass die Trennung von Produktion und Konsumption in den Konflikten in Frage gestellt wurde.

IT: Wenn Sie während Ihrer Arbeit (Forschungen, Publikationen etc.) mit männlichen Kollegen arbeiten, gibt es eine unterschiedliche Herangehensweise?

BF: Ich habe eine Vorstellung von 'männlich' und 'weiblich' kodierten Verhaltensweisen, kann mir also vorstellen, was Hintergrund der Frage ist. Bisher habe ich wissenschaftlich viel in Frauen-Teams gearbeitet, mit sehr wenigen männlichen Kollegen. In diesen speziellen Fällen würde ich beobachtete unterschiedliche Herangehensweisen nicht auf das Geschlecht zurückführen. Ich kann allgemein sagen, welche Herangehensweisen ich als angenehm und welche ich als unangenehm erlebt habe und da gibt es eher einen (allgemeineren) Zusammenhang zu Machtverhältnissen.

IT: Mit wem würden Sie Ihr(e) letzte(s) Publikation/Buch gerne diskutieren? Und warum?

BF: Als Umweltwissenschaftlerin bin ich sehr an Inter- und Transdisziplinarität interessiert. Mein letztes Buch ist meine Dissertation, in der ich Konflikte um den Anbau von gentechnisch verändertem Mais in drei Regionen Deutschlands untersucht habe. Ich hätte die Ergebnisse gerne mit den Akteuren in den Regionen diskutiert, was jedoch im Forschungsprozess zu kurz gekommen ist. Dieser noch fehlende Austausch mit den Praxisakteuren würde ein Gleichgewicht zwischen Theorie und Praxis ermöglichen.

IT: Ihr Buch in einem Satz?

BF: Ich habe in meinem Buch auf einer empirischen Ebene die vielen Facetten der Konflikte um Gentechnik in der Landwirtschaft dargestellt, auf einer theoretischen Ebene habe ich die Konfliktforschung mit dem Konzept der gesellschaftlichen Naturverhältnisse verbunden und dabei sowohl feministische Perspektiven als auch Raumtheorien einbezogen.

IT: Ein Buch unter vielen? Warum sticht Ihr Buch aus der Masse hervor?

BF: Ich denke, ob ein Buch in der Masse aller Publikationen untergeht oder daraus hervorsticht, hängt von den Interessen und Perspektiven ab. Von Interesse ist mein Buch sicherlich für alle, die sich mit Technikkonflikten, Natur- und Geschlechterverhältnissen und sozial-ökologischer Raumforschung beschäftigen.

IT: Welchen Bezug hat Ihr Buch zur aktuellen feministischen Forschung bzw. zur Geschlechterforschung/Gender Studies?

BF: In meiner Forschung hebe ich die feministischen Perspektiven hervor, die im Konzept der gesellschaftlichen Naturverhältnisse angelegt sind und verbinde beides mit Konflikt- und Raumforschung. Dadurch ergibt sich nicht nur eine spezielle theoretische Perspektive, sondern in der Empirie auch ein spezifischer Blick auf die Konflikte um Gentechnik in der Landwirtschaft.

IT: Was lesen Sie, wenn Sie keine wissenschaftlichen Texte lesen?

BF: Ich lese viel zur Entspannung, auch wissenschaftliche Texte zu Themen, zu denen ich gerade nicht arbeite; außerdem gerne auch Romane, Krimis und an manchen Tagen einfach nur die Zeitung.

IT: Welche(s) Publikation/Buch ist ein solches Kunstwerk, dass Sie es gern gerahmt an die Wand hängen würden?

BF: Ich bin vielseitig interessiert und zu begeistern. Es gibt viele Bücher, die ich als solche Kunstwerke betrachten würde. Es fällt mir schwer, ein einziges auszuwählen. Eine Kollegin und Freundin hat in einer Buchwidmung zu meiner Disputation geschrieben, dass ich eine "Liebhaberin schöner und gleichzeitig sozialkritischer Literatur" sei - ich glaube, das trifft es ganz gut.

IT: Wer ist Ihr Lieblingsautor/Ihre Lieblingsautorin? Und wieso?

BF: Wie gesagt, gibt es viele Bücher, die mich begeistern. Ich warte derzeit gespannt auf den neuen Krimi von Wolfgang Schorlau, der in diesem Herbst erscheinen wird. Ich mag die Bücher aus dem Ariadne-Literaturprogramm im Argument Verlag. Auch die feministischen Science-Fiction-Romane, die ich gelesen habe, haben mich bewegt, beispielsweise die von Ursula Le Guin oder Marge Piercy.

IT: Für was hätten Sie gerne mehr Zeit?

BF: Meine Hauptbeschäftigungen sind im Moment Wissenschaft einerseits und andererseits Reproduktionsarbeit im Privaten - hier vor allem die Zeit, die ich mit meinem kleinen Sohn verbringe, der ein Jahr alt ist. Daneben sind mir viele weitere Dinge wichtig, die in der jetzigen Lebensphase manchmal ein wenig kurz kommen, aber bestimmt wieder mehr Raum finden werden: Zum Beispiel, mich (wieder mehr) politisch zu engagieren.

IT: Wenn Sie nur einen Koffer hätten, in dem Sie Ihren gesamten Besitz packen dürften, was würden Sie hineinpacken?

BF: Pragmatisch und alltagsorientiert wie ich bin, würde ich wahrscheinlich einfach das einpacken, was ich auch für eine Reise mitnehmen würde und dabei hoffen, dass ich die wichtigsten Erinnerungen im Kopf mittragen werde.

IT: Wen würden Sie gerne einmal treffen? Und warum?

BF: Wenn es in der Realität möglich wäre, dann würde ich Verabredungen aus Vergangenheit und Zukunft wählen, um mit Menschen zu sprechen, die lange vor unserer Zeit gelebt haben und denjenigen, die in ferner Zukunft leben werden.

IT: Was würden Sie an einem Tag unternehmen, an dem die gesamte technische Infrastruktur und alle technischen Geräte nicht funktionieren würden?

BF: Wenn ich meine Lebensbereiche betrachte, dann würde ich als Wissenschaftlerin an einem Tag ohne Technik lesen, lesen, lesen. Die Zeit mit meinem Sohn wäre ohne Technik kaum anders als sonst und wir würden zusammen, eigentlich wie immer, die Welt drinnen und draußen erkunden.

IT: Haben Sie für das, was Sie machen, eigentlich Vorbilder - seien es Menschen oder Projekte -, an denen Sie sich orientieren?

BF: Natürlich habe ich das. Den einen Menschen, der alle Vorbildfunktionen vereint, gibt es jedoch nicht. Im Hochschulkontext sind solche Menschen für mich Vorbilder, die nicht nur kluge Wissenschaftler_innen sind, sondern die es auch noch schaffen, sich anderen Lebensbereichen und Anliegen mit ganzem Herzen und mit Zeit zu widmen. Allgemein sind Menschen für mich vorbildhaft, die sich gegen Unterdrückungsverhältnisse einsetzen und für eine kritisch-emanzipatorische Theorie und Lebenspraxis stehen.

IT: Wenn Sie die Uhr zurückdrehen könnten, würden Sie etwas in Ihrem Leben ändern?

BF: Sicherlich gibt es - sogar fast täglich - Dinge, die ich im Nachhinein anders machen würde. Insgesamt denke ich dabei jedoch eher zukunftsorientiert und es gibt - anders formuliert - vieles, was ich noch vorhabe und auf das ich mich freue.

IT: Die Urlaubszeit steht vor der Tür, wohin und warum würden Sie gerne verreisen?

BF: Bis zur nächsten richtigen Urlaubszeit dauert es ja noch ein wenig. An den Weihnachtstagen werden wir bei meiner Familie in Süddeutschland sein, um uns nach längerer Zeit wiederzusehen.

IT: Wenn Sie mit einer weiteren Person gemeinsam forschen sollen, welche Eigenschaften wären Ihnen dabei wichtig?

BF: Bei einer solchen Zusammenarbeit ist mir wichtig, dass bestehende Hierarchien klar benannt sind. Wenn es formal keine Hierarchien gibt, dann wünsche ich mir einen gleichberechtigten Umgang. In jedem Fall ist mir Transparenz wichtig und die gemeinsame Begeisterung für die Fragestellungen und Inhalte.

IT: Sie treffen sich mit anderen Wissenschaftler_innen und haben zwei Stunden freie Zeit. Was würden Sie unternehmen?

BF: Ich würde die Zeit gerne für Themen nutzen, die sonst zu kurz kommen und mich entweder wissenschaftlich oder persönlich austauschen.

IT: Bitte vollenden Sie die folgenden Sätze!

IT: Ich habe Freude an meinem Beruf, weil ...

BF:...ich gerne forsche, mich mit Konzepten und Theorien beschäftige und auch gerne Prozesse der Wissensgenerierung begleite.

IT: Wissenschaftler_innen sind Menschen ...

BF: ...wie alle anderen.

IT: Ich habe Interesse an ...

BF: ...dem Kennenlernen und der kommenden Zusammenarbeit mit den LAGEN-Mitgliedern - mein Start liegt ja noch nicht lange zurück.

IT: Die LAGEN ist wichtig, weil ...

BF: ...sie Erfahrungen und Kompetenzen bündelt und eine Perspektive für Frauen- und Geschlechterforschung in Niedersachsen schafft.

IT: Ich wünsche der LAGEN, dass ...

BF: ...sie wissenschaftlich und wissenschaftspolitisch erfolgreich sein möge.

IT: Welche Vision haben Sie für die LAGEN bzw. für den Forschungsverbund?

BF: Ich hoffe auf neue Forschungskooperationen, spannende Forschungsthemen im Verbund und eine inspirierende und erfolgreiche Tagung.

IT: Möchten Sie den Mitgliedern bzw. LAGEN Interessierten noch etwas mitteilen?

Ich freue mich auf die nächsten zwei Jahre bei der LAGEN und die Zusammenarbeit mit allen Mitgliedern und bin auf die Inhalte und Strukturen gespannt, die wir gemeinsam entwickeln werden.